Nachhaltige Landwirtschaft ist digital
30. März 2021 | Bilder: Agroscope / fenaco / Adobe Stock / Huawei
Die Digitalisierung in der Landwirtschaft ist eines der Fokusthemen im Joint Innovation Center von Sunrise und Huawei. Basierend auf 5G sorgen moderne Technologien dafür, dass Farming smart und damit nachhaltiger und effizienter wird. Eine Reihe von Pilotprojekten zeigt das Potenzial auf, wenn Daten, Drohnen, GPS & Co. mit Vieh und Pflanze interagieren.
Die Schweizer Landwirtschaft lebt von ihrer Vielfalt. In rund 50'000 landwirtschaftlichen Betrieben vom Rheintal bis ins Oberwallis werden Nutztiere gehalten, Nahrungsmittel produziert und unser Kulturland zu Berg und Tal gepflegt. Landwirtschaft wird mit Bodenständigkeit und Nähe zur Natur assoziiert. Doch wie auch unser gesamter Lebens- und Berufsalltag digitalisiert sich die Schweizer Landwirtschaft unaufhaltsam.
«Sorge Dich nicht um die Ernte, sondern um die richtige Bestellung der Felder.»
Konfuzius (551-479 v. Chr.)
Die Treiber sind auf der einen Seite die Sorge um die natürlichen Ressourcen, steigende Ansprüche an Lebensmittelsicherheit, Tierwohl und Produktivität sowie die Verbesserung der Arbeitsbedingungen für die Landwirte. Auf der anderen Seite ist mittlerweile eine Vielzahl an smarten Technologien verfügbar, die in ihrem Zusammenspiel die Vision von «Smart Farming» Schritt für Schritt Wirklichkeit werden lassen.
Das «Internet der Dinge» im Dienste der Landwirtschaft
Beim Internet der Dinge geht es ganz generell um digitale Vernetzung und um die Übertragung des Internets in die reale Welt. Was wir von unseren Fitnesstrackern oder Navigationssystemen im Auto her kennen, wird beim Smart Farming auf Traktoren und Mähdrescher, auf Hof und Stall wie auch auf Pflanzen und Tiere angewendet. Die vernetzten «Dinge» tauschen Daten aus, die wiederum miteinander verknüpft und ausgewertet werden. Aus den Daten können Rückschlüsse gezogen werden, die ein smarteres Wirtschaften ermöglichen.
Technologien – das moderne «Saatgut»
Das Fundament der digitalen Vernetzung sind leistungsstarke Telekommunikationsverbindungen. Gerade in der Landwirtschaft mit ihren weitläufigen Feldern, entlegenen Gehöften oder Tieren auf der Alm ist das ohne Mobilfunk nicht denkbar. Hinzu kommen die Cloud, Big Data und Künstliche Intelligenz, hochauflösende Bilderkennung, Sensorik und Robotik sowie auch Drohnen, Satellitentechnik und GPS. Mit der Einführung der fünften Mobilfunkgeneration steht ein veritabler Paradigmenwechsel an, der völlig neue Anwendungsszenarien möglich macht.
5G leitet Paradigmenwechsel ein
5G schafft drahtlose Konnektivität mit hoher Bandbreite, niedriger Latenz und einer gigantischen Menge an parallelen Verbindungen. Damit können alle für das Internet der Dinge erforderlichen Geräte wie Sensoren, Tracking-Systeme, Drohnen, Computer oder Smartphones gleichzeitig mit hochleistungsfähigem Mobilfunk versorgt werden. Und das bedeutet: Grosse Datenmengen können in rasanter Geschwindigkeit fast ohne Verzögerung übertragen werden. Hierdurch werden Echtzeitanwendungen möglich wie etwa das das von Innosuisse geförderte Innovationsprojekt zur Unkrautbekämpfung der so genannten Blacken. Im Vergleich zu einer 4G-Übertragung benötigt 5G für die gleiche Datenmenge nur ein Drittel der Energie. Für eine nachhaltige Produktion in der Landwirtschaft und das Ziel einer klimaneutralen Schweiz bis 2030 sind 5G-Netze daher ein wichtiger Baustein.
Ein Partner-Ökosystem für Innovation in der Landwirtschaft
Sunrise und Huawei haben sich mit landwirtschaftlichen Akteuren im Anliegen zusammengeschlossen, den Einsatz von 5G und weiteren smarten Technologien für die Schweizer Landwirtschaft voranzutreiben. In einem wachsenden Ökosystem, das Branchenvertreter wie Fenaco, Forschungseinrichtungen wie die Fachhochschule OST, das Kompetenzzentrum des Bundes Agroscope und innovative Startups umfasst, wird an Lösungen gearbeitet, wie diese Technologien in der Schweizer Landwirtschaft Nutzen stiften können. Im Joint Innovation Center (JIC) von Sunrise und Huawei werden bereits realisierte Anwendungen, Pilotprojekte und künftige Visionen präsentiert, die von enger Technologie- und Innovationspartnerschaft zeugen.
Die Vision von Smart Farming – bereits in der Realität angekommen
Pilotprojekt 1
Datenbasierte Unkrautbekämpfung für sauberes Grundwasser. Unkraut auf den Feldern wird bis anhin entweder aufwändig von Hand oder durch Herbizide beseitigt. Ein Projekt zur Bekämpfung der Blacken (einer Ampferart) zeigt völlig neue Wege auf, wie der Prozess dank 5G durchdigitalisiert werden kann und so umweltschonender, schneller und kostengünstiger wird: Die Wiese wird mit Drohnen hochauflösend fotografiert. Die Bilder gelangen in Echtzeit in die Cloud, wo die Blacken anhand einer Bilderkennungssoftware identifiziert und lokalisiert werden. Durch maschinelles Lernen anhand Tausender von Bilder erkennt das Programm Blacken in verschiedenen Wachstumsstadien. Ein Feldroboter empfängt die Koordinaten der so identifizierten Blacken und kann sie sehr präzise durch so genanntes «Spot Spraying» beseitigen. Die Zukunftsvision ist ein GPS-gesteuertes autonomes Robotiksystem, das künftig die Blacken mit Heisswasser reguliert, ganz ohne Herbizide. Der Verbrauch von Pflanzenschutzmitteln kann immens reduziert werden; die Wiesen werden produktiver, das Grundwasser sauberer und der Landwirt spart Zeit und Geld.
Das InnoSuisse-Projekt im Detail
Pilotprojekt 2 - «Connected Cow» für mehr Tierwohl
Technologien auf Basis von 5G können den Landwirten helfen, die Milchproduktion ihrer Kühe zu optimieren, deren Fressverhalten zu verfolgen oder das Kalben zu überwachen. Mobil vernetzte Sensoren in den Halsbändern an den Ohren oder am Bein der Kühe zeichnen die biometrischen Informationen wie das Gehverhalten, die Futteraufnahme oder die Liegezeiten auf. Veränderungen dieser Parameter lassen Rückschlüsse auf das Tierwohl zu, beispielsweise wann eine Kuh brünstig und der günstigste Zeitpunkt für die Besamung ist. Dank hochauflösender Datenübertragung in Echtzeit kann ein Landwirt den Abkalbeprozess überwachen, was unnötige physische Kontrollen im Stall erspart. Der Tierhalter kann per Smartphone jederzeit abrufen, wie es seinen Tieren geht. Die «connected-cow»-Lösung hat echtes Potenzial, die Tierhaltung effizienter und artgerechter zu gestalten.
Pilotprojekt 3 - «Precision Farming» für punktgenaue Düngung
Ein Teilbereich des Smart Farming ist das so genannte Precision Farming. Damit können scheinbar konfliktäre Ziele miteinander vereint werden: Die erforderliche Düngung in der Landwirtschaft für optimale Erträge hat Auswirkungen auf die Umwelt, die es zu mindern gilt. Im Projekt messen Drohnen und Satelliten den Status der Pflanzen auf dem Feld und Sensoren den Zustand des Bodens sowie den Nitratgehalt des Bodenwassers. Die Daten werden in der Cloud gesammelt und miteinander verknüpft. Daraus lässt sich eine Düngekarte programmieren, die es erlaubt, den Dünger je nach Bedarf der Pflanzen und der Ertragsfähigkeit des Bodens nur auf den Teilflächen zu verteilen, wo dies notwendig ist. Damit kann die Düngemenge ohne Ertragseinbusse reduziert werden, was in Kosteneinsparungen für den Landwirt resultiert. Dies verbessert die Stickstoffeffizienz und reduziert das Risiko von Stickstoffverlusten in die Umwelt.
Pilotprojekt 4 – Autonome Landwirtschaftsfahrzeuge
Noch erfordert ökologischer Landbau einen hohen manuellen Arbeitsaufwand. Die Zukunftsvision ist, dass autonome, kollaborative Robotiksysteme Aufgaben wie Unkrautregulierung auf Wiese und Acker oder Landschaftspflege bis hin zu Saat und Erntearbeiten ausführen. Die Steuerung und Überwachung dieser autonomen Fahrzeuge bedingen eine gute Konnektivität und geringe Latenz. Dies bietet 5G. Dank 5G wird es auch möglich, dass die Luftaufnahmen von Drohne oder Satellit in Echtzeit in die Cloud übermittelt werden. Dort werden die Pflanzen identifiziert und ihr Zustand analysiert. Dank selbstlernenden Algorithmen (künstlicher Intelligenz) und Big-Data-Analyse werden Identifikation und Analyse stetig präziser. Die Kamera unterscheidet somit beispielsweise Salatpflanzen von Unkraut und gesunden Salat von einem mit Krankheit befallenen. Ebenso in Echtzeit wird per Mobilfunk der Auftrag für die entsprechend erforderliche Behandlung auf die Landmaschine übertragen. Die Landmaschine wird per GPS zur geolokalisierten Pflanze geführt und kann sie in hohem Masse einzelpflanzenspezifisch bearbeiten.
Fazit: Nutzen für uns alle
Der Fantasie in den Anwendungsszenarien sind keine Grenzen gesetzt. Smarte Bewässerungssysteme durch Messung der Bodenfeuchtigkeit oder der Wasserqualität und die exakte Berechnung der notwendigen Wassermenge sind ebenso möglich wie ein digitales Monitoring von Schädlingen, die identifiziert und in ihrer Anzahl und Vermehrung überwacht werden, damit sie präzise und vorausschauend bekämpft werden können.
Insgesamt resultiert eine Landwirtschaft, die die Umwelt wesentlich weniger durch Pestizide belastet, die natürlichen Ressourcen schont, höhere Erträge erwirtschaftet und den Landwirten Kosten erspart. Smart Farming nützt und nähert sich der biologischen Landwirtschaft, mit weniger Aufwand und besserem Schutz von Mensch und Natur.
Revolution im Hühnerstall
Mit Heuschrecken statt Soja sollen Nutztiere in Zukunft nachhaltig gefüttert werden. Möglich macht’s das Internet der Dinge. Die Idee des Aargauer Start-ups SmartBreed überzeugt. Die ETH Zürich, die Universität St. Gallen sowie die Klimastiftung Schweiz unterstützen das Unternehmen.