Autor: Hansjörg Honegger | Bilder: Sunrise, Eni, Unsplash | Datum: 21.3.2022
Mit der Veränderung der Mobilität durch Elektroautos, E-Bikes, autonomes Fahren oder Carsharing gerät das Geschäftsmodell der Tankstellen unter Druck. Es zeichnet sich ab, dass reine Benzin- und Dieseltankstellen ein Auslaufmodell sind. Das heisst aber noch lange nicht, dass Tankstellen keine Zukunft mehr haben – ganz im Gegenteil. Das Schweizer Tochterunternehmen des Energiekonzerns Eni Suisse S.A. macht es vor.
Die Mobilität in der Schweiz wird sich verändern. Aber es wird – so die Erkenntnis der Prognosen des Bundesamtes für Raumentwicklung – nicht weniger Verkehr geben. Die Bevölkerung wird in den nächsten 30 Jahren um rund 21 Prozent zunehmen. Das Verkehrswachstum wird sich dagegen verlagern, der Autoverkehr anteilsmässig etwas an Bedeutung verlieren. Trotzdem nimmt er absolut gesehen noch um rund drei Prozent zu.
Was sich sicher verändern wird, sind die verwendeten Kraftstoffe im Zuge der Energiewende: Benzin und Diesel wird abnehmen, Strom und Wasserstoff werden massiv zulegen. Die Zahlen der Verkehrsforscher zeigen: Tankstellen wird es auch in Zukunft noch brauchen, sie werden die bestehenden Zusatzdienstleistungen noch massiv ausbauen.
Disruption der Tankstelle
Disruption hiess in den vergangenen Jahren: Neue Anbieter tauchen auf und lösen innert kurzer Zeit das herkömmliche Angebot ab. Das funktioniert besonders gut bei ortsunabhängigen Dienstleistungen wie Netflix oder Buchungsplattformen. Tankstellen-Dienstleister haben einen ganz entscheidenden Vorteil: Ihre Immobilien liegen verkehrsgünstig. Dieser Umstand wird in den nächsten 30 Jahren – das zeigen die Prognosen – ein wichtiger Faktor bleiben.
Die Herausforderung, der sich die Tankstellenbetreiber heute schon stellen müssen: Was wird künftig nachgefragt werden an verkehrsreichen Verkaufsstellen? Wie lange werden die Menschen an einem solchen Ort verbringen? Ein Blick auf die letzten 20 Jahre deutet den Wandel an: Schon heute sind Tankstellenshops stark frequentiert, dank der langen Öffnungszeiten konnte sich das Geschäft mit alltäglichen Gütern zu einem wirtschaftlich stabilen Standbein entwickeln. Diese Entwicklung wird sich noch akzentuieren, insbesondere was die Digitalisierung des Angebots angeht.
Die längere Verweildauer an der Tankstelle infolge der Elektromobilität bedingt, dass die Tankstelleninfrastruktur das Warten angenehmer macht: Die Läden werden sich weg von der reinen Funktionalität hin zu Erlebniswelten entwickeln, wie das heute schon an einigen Autobahnraststätten zu beobachten ist. Unterhaltung spielt eine grössere Rolle, die Bequemlichkeit des Kunden steht im Mittelpunkt der Bestrebungen.
Ortsabhängige Dienstleistungen
Allerdings wird sich die Entwicklung nicht einheitlich vollziehen: Es dürfte sehr stark darauf ankommen, wo die Tankstelle liegt. Die innerstädtische Tankstelle bietet wenig Platz, ist aber verkehrstechnisch sehr gut gelegen. Hier wird sich das Angebot vor allem aufs Tanken bzw. Laden konzentrieren. Der Shop bietet analog zu heute Produkte für den täglichen Bedarf. Die Tankstelle hat aber durchaus die Chance, sich zum Quartiertreffpunkt zu mausern, indem ein gemütliches Kaffee in den Shop integriert wird. Denkbar wäre – wegen der guten Erschliessung – die Möglichkeit zur Paketabholung in automatisierten Schliessfächern, wie das heute bereits einige Postfilialen und Einzelhändler bieten.
An der Stadtgrenze ist oft mehr Platz vorhanden, was andere Ausbaumöglichkeiten und Zusatzleistungen bietet. Verkehrsforscher gehen davon aus, dass es künftig an den Eingängen zu den Städten zu einem häufigeren Wechsel der Verkehrsmittel kommt als heute. Denkbar wäre, vom Auto auf ein E-Bike umzusteigen, oder hier Fahrgemeinschaften in die Stadt zu bilden. Längerfristig ist der Umstieg auf autonome Fahrzeuge denkbar, die per App bestellt werden. Eine perfekte Möglichkeit für Tankstellen mit etwas mehr Platz - freie Parkflächen als Servicemodell anzubieten.
An Autobahnen wird das Angebot optimiert für Reisende und weniger für Pendler. Erlebnisgastronomie, Unterhaltung, Einkaufslandschaften machen die längeren Ladepausen angenehm und familienfreundlich.
Tankstellenbetreiber passen sich an
Die Tankstellenbetreiber sind sich der disruptiven Kraft der anstehenden Veränderungen bewusst. Entsprechend gross sind bereits heute die Anstrengungen, die entsprechende Infrastruktur zu bauen, um für die nächsten Schritte bereit zu sein. «Eni setzt bereits heute auf die digitale Automation» betont Cristian Fresi, Head of ICT bei Eni Suisse S.A. mit Sitz in Lausanne.
Cristian Fresi, Head of ICT, verfolgt eine klare Vision und
sorgt für die digitale Transformation bei Eni Suisse S.A.
Zentral für fast alle anstehenden Anpassungen ist eine leistungsfähige und sichere Netzwerk- und Dateninfrastruktur. Mit der Einführung einer SD-WAN-Lösung von Sunrise basierend auf Cisco Viptela rüstet sich der Energiekonzern bereits heute für die Zukunft. Denn die Kundschaft erwartet künftig ein hohes Mass an Komfort, der vor allem mit den Mitteln der Digitalisierung erreicht werden kann: Automatisiertes Zahlen beim Tanken und Aufladen, individuelle Kundenansprache beim Shoppen, moderne Unterhaltungsmöglichkeiten wie Streaming in einer gemütlichen Lounge – möglichst natürlich mit einem einfachen Zugang zum eigenen Account. Ganz zu schweigen von elektrischen Ladesäulen und einfach buchbaren E-Bikes, um den Rest der Strecke zu pendeln oder der Möglichkeit, künftig auch ein frisch gewartetes autonomes Fahrzeug zu bestellen. Die Möglichkeiten sind riesig.
Infografik: Die intelligent vernetzte Tankstelle ermöglicht zahlreiche datenbasierte Anwendungen. So entsteht Mehrwert für den Betreiber und die Verbraucher.
Noch ist vieles davon Zukunftsmusik, dessen ist sich Cristian Fresi durchaus bewusst. Doch die Veränderung ist nicht aufzuhalten: «Wir Entwickeln im Moment eine App, um noch besser und direkter mit den Kunden kommunizieren zu können.» Ins Auge gefasst wird mittel- und langfristig auch, einen Teil der Energie selbst herzustellen. Die Dächer der Tankstellen von Morgen eignen sich bestens zur Produktion von Solarstrom.
Doch nicht nur die Schnittstellen zu den Kunden sind von der Digitalisierung betroffen. Mindestens ebenso stark stehen interne Prozesse im Fokus: adaptive Verrechnungs- und Preismodelle, vorausschauende Wartung dank IoT -basierter Fernüberwachung von Tank- und Waschanlagen, die automatisierte Warenbewirtschaftung, die Verwaltung elektrischer Ladesäulen und vieles mehr bieten gewaltige Optimierungs-Möglichkeiten. Bei all dem ist die IT- und Datensicherheit immer präsent, denn es geht nicht zuletzt um kritische Infrastrukturen und sensible Kundendaten. Auch hier setzt Eni Suisse S.A. gemeinsam mit Sunrise auf eine professionelle Lösung aus einer Hand. Die Möglichkeiten für die smarte Tankstelle von Morgen bleiben dabei in alle Richtungen offen.
Eni Suisse S.A. führt in der Schweiz die SD-WAN-Lösung von Sunrise ein. «Hauptgrund dafür ist die grössere Agilität und Sicherheit, die wir mit dieser Lösung erreichen,» betont Cristian Fresi. «Sie erlaubt uns, neue Services schnell zu konfigurieren.» Ebenfalls ein grosser Vorteil: Die Netzwerk-Ressourcen lassen sich sehr viel besser optimieren, was die Performance und die Produktivität erhöht und gleichzeitig den Administrationsaufwand und die Kosten senkt.
Eni Suisse S.A. arbeitet bereits seit 4 Jahren mit Sunrise als Full-Service-Anbieter zusammen. SD-WAN ist im Rahmen der Digitalstrategie ein zentraler Baustein für den Energiekonzern. Die Technologie eignet sich ideal für die nächste grossen Digitalisierungs-Etappen - und die Sunrise-Experten bringen hier viel Weitblick und Erfahrung in der Umsetzung komplexer SD-WAN-Projekte mit, insbesondere für die Umstellung auf E-Charging.
«Wir haben keine riesige IT-Abteilung, sondern sind nur wenige Leute», so Fresi. «Wir brauchen darum Partner, mit denen es auch zwischenmenschlich gut funktioniert. Von Beginn an war der Umgang sehr professionell, aber auch nett und offen. Das schätzen wir.»
Der erste Schritt zur konkreten Umsetzung war ein POC (Proof of Concept) anhand einer virtuellen Tankstelle. Das Resultat konnte rundum überzeugen. Jetzt läuft die Analyse-Phase für einen schweizweiten Roll-Out. «Erste Erfahrungen sind sehr positiv», betont Cristian Fresi. «Das Projekt-Team des Full-Service-Dienstleisters ist ständig verfügbar und reagiert schnell. Die eigentliche Umstellung ist dank der ausgereiften Technologie einfach: Einstecken und loslegen. Das funktioniert sehr gut.»
Ein SD-WAN (Software-defined Wide Area Network) ist eine virtuelle WAN-Architektur, die beliebige Wege für die Datenübertragung kombiniert, um die Benutzer mit den Anwendungen sicher zu verbinden. SD-WAN vereinfacht die Verwaltung von sicheren und agilen Unternehmensnetzwerken. Mit der cloudbasierten Netzwerktechnologie kann der Datenverkehr zwischen mehreren Standorten dynamisch und bedarfsgerecht konfiguriert werden. Über eine zentrale Kontrolleinheit wird jeder Anwendung die benötigte Netzwerkkapazität zugeteilt. Das beschleunigt nicht nur die Abläufe für Anwendungen aus der Cloud, sondern ermöglicht auch die Priorisierung des Netzwerkverkehrs von unternehmenskritischen Anwendungen. Die Plattform deckt sowohl interne Bedürfnisse hochzuverlässig ab und bietet gleichzeitig ein leistungsfähiges WLAN für Kunden, welches völlig getrennt vom internen WLAN funktioniert. Zudem übermittelt SD-WAN alle Daten verschlüsselt und erhöht deutlich die Sicherheit gegenüber Cyberangriffen, beispielsweise für mobile Zahlungen, persönliche Kundendaten oder den Remote-Zugriff auf kritische Infrastruktur im Wartungsfall. Innerhalb weniger Minuten können neue Netzwerk-Services im gesamten Filialnetz zentral aktiviert oder Zugriffsrechte individuell vergeben werden. Das reduziert den Administrationsaufwand für die IT.